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~ Nicht das Beginnen wird belohnt sondern einzig und allein das Durchhalten ~______
(Katharina von Siena)

Mittwoch, 3. Juni 2009

Wie so oft

Gestern war wieder einer dieser Tage.

Ich sitze im Büro und will nach Feierabend eigentlich zu einer Laufrunde aufbrechen.
Nein, ich korrigiere: von "wollen" kann eigentlich keine Rede sein.
Meine Rückenschmerzen haben sich nach einer ungünstigen Bewegung wieder etwas verschlechtert, der Magen grummelt, ich bin nicht gut drauf und die Laufmotivation ist ziemlich im Keller. Ich habe überhaupt keine Lust zu laufen. Wie so oft.

Ich hadere mit mir selbst. Irgendwie habe ich Lust auf gar nichts. Aber mit der krankheitsbedingten Laufpause in Rücken und dem 24-Stunden-Lauf vor der Brust ist jetzt jeder Lauf wichtig, um noch so gut wie es geht Kilometer zu sammeln.
Da sich keine wirklichen Ausreden wie Glatteis oder Hagel auf dem Silbertablett bieten entscheide ich mich dann doch dazu, eine kurze Runde zu drehen und suche mir als Strecke die Hasper Talsperre aus, denn der Wasserspiegel wird derzeit für eine Weile um 10 Meter abgesenkt. Und ich möchte das nasse Kleinod im Hagener Südwesten noch einmal in seiner vollen Pracht erleben, zumal ich schon ein Weilchen nicht mehr da war.

Die Laufklamotten habe ich im Auto und steuere damit direkt nach der Arbeit das Hasperbachtal an. Leider muss ich den Wagen in der Sonne parken. Ich ziehe mich in der Blechsauna um und bin bereits duschreif, ohne mich einen Meter bewegt zu haben.
Von hier sind es nur wenige Meter bis zur alten Trasse der Kleinbahn Haspe-Voerde-Breckerfeld, die heute als Fuß- und Radweg dient und entlang des Hasper Baches leicht, aber stetig - meist durch den Wald - hinauf Richtung Talsperre führt.
Schnell habe ich den Waldrand erreicht, wo mich deutlich kühlere und angenehmere Luft empfängt. Und bereits hier denke ich: gut, dass ich mich aufgerafft habe. Wie so oft.

Nach der Laufpause und einem zwischenzeitlichen kurzen Lauf, der eher katastrophal verlief, rechne ich damit, dass ich bergauf wohl Gehpausen einlegen muss. Aber überraschend gut komme ich am Viadukt beim Parkplatz Plessen an und entdecke ein Schild, das die Sperrung des Rundweges um die Talsperre wegen Holzarbeiten ankündigt. Na toll. Da ist man mal wieder hier oben und dann so etwas.
Zunächst laufe ich aber das etwas steilere Stück hoch, das mich noch von der Staumauer trennt. Hier ist dann auch eine Gehpause fällig, aber nicht weil die Puste fehlt, sondern weil irgendwas an der Wadenseite zwickt. Die Waden sind halt nichts Gutes mehr gewöhnt.
Zwischendurch quatsche ich einen entgegenkommenden Läufer an, wie weit man denn trotz der Sperrung um die Talsperre herumkommt. Etwas mehr als die Hälfte, erfahre ich. Immerhin besser als nichts.
Nachdem ich die Staumauer erreiche laufe ich auf dem Rundweg weiter, wo nochmals ein Schild auf die Sperrung hinweist. Ich will versuchen so weit wie möglich zu kommen und die gesperrte Stelle über andere Wege durch den Wald zu umgehen.

Die Laufunlust ist bereits nach den ersten Metern verflogen gewesen. Inzwischen genieße ich den Lauf, den Blick auf das Wasser und die angenehme Temperatur im Wald. Der Rücken ist friedlich, die Wade auch wieder. Es läuft locker und gut.
Immer wieder bieten sich schöne Ausblicke. Die Sonne scheint durch die Fichtenzweige, das Wasser schimmert dunkelgrün wie bei einem Bergsee. Auf Hangflächen, an denen Orkan Kyrill die Bäume niedergemäht hat, wächst vereinzelt Fingerhut.

Ich erreiche die Stelle, an der die Waldarbeiten sein sollen, aber die Arbeiter haben Feierabend und die Stelle lässt sich nahezu problem- und gefahrlos passieren. Lediglich eine kleine Fläche mit Fichtenästen muss überquert werden. Es riecht intensiv nach frisch geschlagenem Holz und Baumharz. Ein herrlicher Geruch.

Einige Minuten später erreiche ich das andere Ende der Staumauer. Ursprünglich wollte ich nach einer Runde wieder zum Auto zurück, aber ich entscheide mich dazu, noch eine Runde in umgekehrter Richtung zu laufen, weil mir das dann doch zu kurz erscheint, weil es Spaß macht und weil es doch besser läuft als vorher befürchtet. Wie so oft.

Nach der zweiten 3,5-Km-Runde kehre ich auf einem anderen Weg zum Viadukt zurück und habe jetzt, quasi als kleine Belohnung, ein leichtes Gefälle bis zum Auto, an dem ich nach 13 Kilometern ankomme.
Ich bin gut drauf, zufrieden mit mir und froh, mich trotz der Unlust aufgerafft zu haben.
Es hat sich gelohnt.
Wie so oft.

6 Kommentare:

Gerd hat gesagt…

Sei froh das Du in solch einer tollen Landschaft Laufen darfst.
u solltest dich öfters aufraffen. ;-)

Christian hat gesagt…

He Stefan,
irgendwie lässt einen das Gefühl nicht los beim lesen, dass Du schon vorher gewusst hast, dass die Laufunlust Dich verlassen wird, wenn Du erstmal los gelegt hast.
Die Landschaft sieht sehr schön aus, da bekommt man noch mehr Lust...

Salut
Christian

ultraistgut hat gesagt…

Und die Moral von der Geschicht: " Glaube an dich " !

" Die Laufunlust ist bereits nach den ersten Metern verflogen gewesen".

Genau, genau, genau

und so ist ist meistens !

Wäre wirklich schade gewesen, diese schöne Natur ganz alleine dort draußen zu lassen, da hättest du schon etwas verpasst !

Marco hat gesagt…

Mensch Mensch da kommst bei mir an der Tür vorbei und bimmelst nicht an.
Das Erdinger Alkoholfrei war kalt gestellt und meine Laufsachen hätten auch mal wieder eine kleine Runde verdient gehabt.
Beim nächsten Mal kommst einfach kurz vorbei (Voerder Straße 139a) genau neben den Hasper Bach am Anfang der Trasse. Das weisse Zweifamilienhaus auf der rechten Seite.

Bis denne
Gruß
Marco

P.S. hast du auch die Einladung von jens bezüglich der TTdR 2010 bekommen?
ich laufe die 100 km was hast du vor wenn du starten solltest?

Marcus hat gesagt…

Gute Besserung bezüglich Deiner Rückenschmerzen, Stefan!

Ja, es lohnt sich immer! Ich habe auch oft vorher keine Lust, aber mit den ersten Metern wird das schon. Meistens. :)

Alles Gute!

Stefan hat gesagt…

Gerd, ich bin darüber froh. Und eigentlich raffe ich mich ja auch meistens auf, wenn nicht wirklich was dagegen spricht. ;-)

Christian, ich habe zumindest gehofft, dass die Unlust verfliegt. ;-)
Schöne Landschaft haben wir hier übrigens reichlich; das Sauerland fängt quasi vor der Haustür an.

Margitta, du hast völlig recht; so ist es wirklich meistens. Zum Glück! Und manchmal werden die Läufe dann sogar länger als geplant, weil man nicht aufhören möchte...

Marco, ich hab mich ja erst recht kurzfristig für die Strecke entschieden und bin von weiter südlich - mehr im Ennepetaler Gebiet - gestartet. Das nächste Mal kann ich ja vorher kurz anrufen (Telefonnummer kannst du mir per Mail schicken); vielleicht klappt's dann mit dem gemeinsamen Lauf.

Bei der TTdR will ich auch den 100er laufen.

Marcus, danke schön. Leider hat's gestern noch einmal einen richtigen Schlag in den Rücken gegeben, aber so langsam klappt es wieder mit dem aufrechten Gang. ;-)

Und irgendwie beruhigt es mich, dass auch du manchmal vor dem Lauf keine Lust hast.