Der läuferische Höhepunkt der Jahres - der 48-Stunden-Lauf in Köln - nähert sich immer mehr, wird immer realer.
Blöd wenn da die Form nicht stimmt. So wie bei mir.
In den letzten Monaten ging sie auf der Kellertreppe mal auf und mal ab, kam aber aus dem Keller nicht heraus.
Es wurde also Zeit an der Kilometerschraube zu drehen und endlich mal wieder einen langen Lauf zu absolvieren, damit der 48stünder nicht zum kompletten Himmelfahrtskommando wird.
Auf dem Plan stand eigentlich vom 19.-20.06. der 24-Stunden-Lauf in Bad Lippspringe, wo Kris und ich wie schon im letzten Jahr ein Trainingslauf-Camping machen wollten. Da aber auch ihre Form und der Wetterbericht eher suboptimal waren entschieden wir uns für den 24-Stunden-Lauf in Dortmund als weniger aufwändige und Zeit sparende Alternative, bei der es nicht so tragisch ist, falls man recht früh aus dem Lauf aussteigen will oder muss.
Schöner Nebeinbei-Effekt: der Samstagabend blieb frei für die "Extraschicht", da in Dortmund bereits am Freitag gestartet wurde und wir nicht übernachten wollten.
So stehe ich also freitags gegen 18:00 auf der Tartanbahn im Stadion Rote Erde und warte darauf, dass die bunte Meute in die erste Runde geschickt wird.
Nebenbei kriege ich mit, wie sich Kinder über einen etwas mopsigen Mann mit dreifarbigen Kniestrümpfen zur kurzen Hose amüsieren.
Aber was soll ich machen - irgendwann muss ich die neuen Socken ja mal testen.
Und wenn ihr kleinen Gibbelkröten nachher im Bett davon träumt, wie Poldi heute den Elfer gegen die Serben versemmelt hat, läuft der dickliche Onkel immer noch - so!
Ich weiß ja selbst, dass die Teile nicht gerade schick aussehen. Aber vielleicht nützen sie ja was. Und wenn's nur ein Placebo-Effekt ist. Und wenn nicht...
Nun ja; Putzlappen kann man immer gebrauchen.
Als sich das kinderreiche Feld in Bewegung setzt versuche ich mitzuschwimmen ohne über hüfthohe Grundschüler zu stolpern.
Die ersten Runden sind wie immer chaotisch. Ein Stop-and-go wie auf der A 43 im Feierabendverkehr, ein hin und her als wenn man in einen Ameisenhügel gestochen hätte und ein Lärm wie im südafrikanischen WM-Stadion.
Ich ertrage die Kulisse tapfer und freue mich auf die Zeit, in der die meisten Kiddies ihr Pulver verschossen haben und und es etwas leerer auf der Bahn wird.
Meine Ziel für den Abend ist ein Kompromiss aus Formschwäche und notwendigen langen Läufen. Ein Versuch die Balance zu halten zwischen Forderung und Überforderung. Mindestens 30 Kilometer sollen es werden. Ein Trainingsmarathon, wie in den beiden Jahren zuvor, muss es diesmal nicht sein. Ganz ausschließen will ich es aber nicht, falls es besonders gut läuft.
Also trabe ich Runde um Runde vor mich hin, während der Himmel mit Regen droht, sich aber letztendlich doch geschlossen hält. Irgendwann sehe ich dann die ersten von den "Endorphinjunkies Dortmund" bekannten Gesichter und wechsle ein paar Worte. Und ich bin nicht mehr der einzige mit albernen Socken.
Bis auf gelegentliche Brems- und Ausweichmanöver läuft es sich inzwischen recht gleichmäßig und ich sammle Runde um Runde, Kilometer um Kilometer.
Ungefähr bei Kilometer 17 wird es etwas langweilig. Das ändert sich schlagartig als Kris, die dem Gedrubbel am Anfang entgehen wollte, an der Strecke auftaucht. Ab da laufen wir viele Runden zusammen. Einige gehen wir auch.
Als sie mit ihren Runden fertig ist laufe ich noch weiter bis ich 30,1 km auf der Uhr stehen habe. Feierabend.
War gar nicht so schlimm wie befürchtet. Der Marathon musste aber trotzdem nicht sein. Obwohl ich mich dabei vermutlich weniger gequält hätte als im Jahr davor, denn eigentlich liefen die 30 km - den Umständen entsprechend - ganz gut. Immerhin war es der bisher längste Lauf in diesem Jahr.
Das ist wohl auch der Grund, warum die Endorphine hinterher fast so lange hielten wie der Muskelkater und verhalten Zufriedenheit und Zuversicht verbreiteten.
Ein schönes Gefühl.
I wie Iserlohn
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Für den Buchstaben I musste ich nicht weit fahren: etwa 20 Kilometer
Richtung Osten und ich war in Iserlohn, der mit rund 100.000 Einwohnern
größten Stadt ...