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~ Nicht das Beginnen wird belohnt sondern einzig und allein das Durchhalten ~______
(Katharina von Siena)

Samstag, 14. Juni 2008

KreisLaufGeschichten - Ein Trainingsmarathon auf der Tartanbahn

06.06. bis 07.06.. 24 Stunden. 400 Meter-Bahn. Hunderte Teilnehmer. Tausende von Euros.
So die nackten Zahlen eines Laufes in Dortmund, die mit Leben gefüllt werden wollen.

Mir bot sich der Termin für einen langen Vorbereitungslauf auf den 12-Stunden-Lauf in Brühl an. Ich hatte schon lange keinen langen Lauf mehr in die Nacht hinein gemacht und noch nie einen auf einer 400-Meter-Bahn. Lauffreunde hatten sich auch angesagt, die Anfahrtstrecke nach Dortmund ist recht kurz und von den Veranstaltungen der letzten Jahre hatte ich hauptsächlich Positives gehört.
Also notierte ich für mich den Freitag Abend und nach ein paar kurzen Telefonaten und Mails war vereinbart, dass ich von 19:00 bis 20:00 Uhr im Staffel-Team der "Westfälischen Rundschau" caritative Bahnrunden mit dem Staffelstab drehen sollte.
Danach wollte ich noch so 4-5 Stunden in die Nacht hinein laufen, so dass ich auf ein Ergebnis irgendwo zwischen 42,2 Kilometern und 6 Stunden komme.
Sofern ich keine Kreis-Lauf-Probleme kriege. Oder andere, denn tagsüber hatte ich schon leichte Magen-Darm-Irritationen, so dass ich nicht viel gegessen und getrunken hatte. Um die Defizite noch ein wenig auszugleichen, schlürfte ich auf der Hinfahrt einen Halbliter-Kalorienbomben-Shake vom Restaurant "Zum Goldenen M" in der Hoffnung, damit kein sanitäres Fiasko zu erleiden.
Gegen 18:15 Uhr traf ich dann am Stadion "Rote Erde" direkt neben der BVB-Heimat "Signal Iduna Park", formally known as "Westfalenstadion", ein. Eigentlich müsste ja auch das Stadion "Rote Erde" umgetauft werden. In "Grüner Rasen" oder "Roter Tartan", denn von roter Erde war nichts zu sehen.

Das pralle Laufleben begann bereits mit dem Startschuss um 18 Uhr. Ich war erstaunt darüber, wie viele Beine dort ihre Runden auf der Tartanbahn drehten. Kindergruppen, Staffeln, Einzelläufer - alle liefen zu Gunsten eines guten Zweckes.
Der Erlös der Veranstaltung kam in diesem Jahr dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) zugute, damit dieser von den Einnahmen so viele Fahrräder anschaffen kann, dass damit anschließend geführte Radtouren für Kinder unternommen werden können.

Auf dem kurz geschorenen Rasen suchte ich zwischen all den Zelten und Ständen den der "Westfälischen Rundschau", wo ich mich wegen der Staffel melden sollte und wo man mir gleich eröffnete, dass ein Läufer sich am Fuß verletzt habe und nicht starten könne. Ob ich denn auch zwei Stunden in der Staffel laufen würde??
Ich hatte ja nichts anderes vor als die nächsten Stunden zu laufen, also willigte ich ein.
Nachdem ich kurz für die Zeitung interviewt worden bin erhielt ich als Laufoberteil ein atmungspassives WR-Baumwoll-Poloshirt in schwarz. Die ideale Bekleidung für starkschwitzende Läufer, die bei strahlendem Sonnenschein und ungefähr 25 Grad einen Marathon laufen wollen. Vorausgesetzt, sie laufen diesen zur Vorbereitung eines Wüstenmarathons.

Um 19:00 Uhr übernahm ich dann den hohlen Staffelstab, auf dem man notfalls auch trompeten kann, wie ich später feststellte. Auf der Suche nach bekannten Gesichtern hatte ich vorher schon Olli von den Dortmunder Endorphinjunkies ausgemacht, mit dem ich einige Runden lief. Später kamen auch noch Sarah, Mattin und Markus von den Junkies dazu.
Auf der Strecke war ein ziemliches Gewusel. Groß und klein, alt und jung, schnell und langsam - alles war vertreten und trat teilweise im Rudel auf. Oder als Walker-Sechserkette, wie sonst im Wald. Auf die Bahn latschende oder dort "parkende" Zuschauer forderten so manches Ausweichmanöver, langsamere Gruppen so manchen Überholvorgang auf der Außenbahn und abrupte Stopps und Bahnwechsel der Kiddies spontane Seiten-Sprünge heraus.
Die Ideallinie auf der Innenbahn war meistens blockiert.
Das war aber alles nicht schlimm. Schließlich ging es nicht um Bestzeiten. Spaß gemacht hat es trotzdem. Und Slalom laufen ist sicher auch gut für die Fußgelenke. ;-)

Mit M & M von den Endorphinjunkies (orangene Hosen) auf der Strecke



Am Ende meiner Staffellaufzeit gab ich nochmals ein wenig mehr Gas, um noch etwas Kettenfett und ein paar Schrauben mehr für die Kinderfahrräder zu erlaufen.
Nach ungefähr 45 Runden - Zählfehler nicht ausgeschlossen - übergab ich dann den Staffelstab an den nächsten Läufer.
Inzwischen hatten mein linker Fuß und der linke hintere Rückenbereich gemeinsam beschlossen, mich ein wenig zu piesacken.
Ich wechselte deshalb nicht nur mein Laufshirt auf "zivil" und funktionell, sondern probeweise auch meine Schuhe. Dann absolvierte ich noch ein paar unkonventionelle Verrenkungen um dem Rücken die Schandtaten auszutreiben und hoffte, dabei nicht beobachtet und zur Lachnummer zu werden.
Danach ging es "auf eigene Rechnung" zurück auf die Piste, auf der inzwischen auch Lauffreund Pete unterwegs war, mit dem ich dann viele Runden zusammen lief.
Inzwischen war es auf der Bahn auch etwas leerer geworden.

Die Rückenprobleme verschwanden dann im Laufe der Zeit zwar nicht, wurden aber weniger, so dass ich zumindest weitermachen konnte, auch wenn so manche Gehpause notwendig war.
Meine Flüssigkeits- und Energieverluste versuchte ich mit einer gewagten Kombination aus alkoholfreiem Weizenbier und einem Energie-Gel zu bekämpfen. Das schmeckte in etwa so ekelig wie es sich anhört.
Nach ungefähr 31 und 36 Kilometern legte ich zwei kleine Pausen ein. Inzwischen war es bereits dunkel, kühler und leicht schwül geworden und wir drehten unsere Runden unter Flutlicht. Die Anzahl der Läufer hatte sich auf eine gute Hand voll reduziert. Die Hüpfburg lag luftleer und schlaff auf dem Rasen, auf der Videowand wurde zwischendurch ein deutscher Spielfilm mit Ralf Richter gezeigt. Ansonsten konnte man auf der Wand einen Teil der Laufstrecke sehen und diese quasi als Rückspiegel nutzen. Dieses Programm gefiel mir auch deutlich besser.
Irgendwann, es war inzwischen Samstag, zeigte nach gut 100 Runden mein GPS-Gerät die Marathon-Runde an, nach der ich den Lauf dann beendet habe. Zuzüglich nicht GPS-gemessener 500 Meter, bei denen ich den Tacho versehentlich nicht angestellt hatte, kam ich dann auf knapp 43 Kilometer.
Mit trockenen Klamotten am Leib besetzte ich dann mit Pete, der eine Laufpause einlegte, noch zwei Faltstühle an der Bahn. Bei einem bleifreien Bier ließen wir die Läufer an uns vorbei ziehen und den Lauf Revue passieren.
Ich zahlte danach noch meinen Spenden-Obolus und machte ich mich auf den Weg nach Hause, während Pete noch in den Morgen lief.

Fazit: Es war ein interessanter Lauf mit schöner Stimmung, sowohl im Gewusel als auch in der Nacht. Langeweile kam keine Sekunde auf, ein Drehwurm auch nicht. Einen leistungsbezogenen Marathon oder Ultra hätte man dort aber kaum laufen können oder höchstens in der Nacht, wenn es ruhig war auf der Bahn, zumal praktisch - bis auf einen Wasserwagen mit zum Teil längeren Warteschlangen - keine Läuferversorgung angeboten wurde.
Insgesamt wurde in diesem Jahr übrigens eine Summe von über 24.000 Euro erlaufen.


[Foto: Franz-J. Luthe / DerWesten.de]

3 Kommentare:

Blumenmond hat gesagt…

Nach meiner Troisdorf-Erfahrung, bei der ich ja nur 5 Staffel-Runden (und zwar wie Du weißt 2,5km pro Runde) gelaufen bin, bewundere ich es noch mehr, wie man so viele Kilometer auf so kleiner Strecke laufen kann. Datt iss Training für den Kopf. Wenn man einen Marathon auf so kleiner Strecke gelaufen ist, passiert einem ansonsten wohl nicht mehr viel im Leben, mit dem man nicht fertig wird;-)

Stefan hat gesagt…

> Datt iss Training für den Kopf. Wenn man einen Marathon auf so kleiner Strecke gelaufen ist, passiert einem ansonsten wohl nicht mehr viel im Leben, mit dem man nicht fertig wird;-)

Och - da gibt es sicher noch genug Herausforderungen des Lebens, wo einem so ein Hamsterlaufrad-Lauf nicht weiter hilft. Aber als mentales Training ist er allemal zu gebrauchen, da hast Du schon recht, Anja. ;-)

Anonym hat gesagt…

Das muss toll sein, so in die Nacht zu laufen - und dannach ein Bierchen zu geniessen...