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~ Nicht das Beginnen wird belohnt sondern einzig und allein das Durchhalten ~______
(Katharina von Siena)

Dienstag, 8. September 2009

Alles Kopfsache: Marathon beim 24-Stunden-Lauf Dortmund

Da es mir im Vorjahr beim Dortmunder 24-Stunden-Lauf gut gefallen hatte, notierte ich mir den Termin schon recht früh, um auch in diesem Jahr dort wieder einen Trainingsmarathon zu laufen.
Auch der Termin beim Schwerter Hospizlauf, gut zwei Wochen später, war schon länger für einen Trainingsmarathon im Kalender.
Recht kurzfristig gesellte sich der „Kultur-Run“ in Oberhausen dazu und platzierte sich in der Mitte, so dass ich fast erschreckt feststellte, dass ich mir da drei Marathons in drei Wochen vorgenommen hatte. Oha. Und das bei völlig unzureichendem Trainingsstand.
Es bahnte sich eine "Trilogie der Erkenntnis“ an. Eine Standortbestimmung vor den schwereren Läufen, die ich mir für den Oktober vorgenommen hatte, die auch gleichzeitig ein entsprechendes Vorbereitungstraining darauf sein sollte.

Teil 1 der "Trilogie" war am 04.-05.09. der 24-Stunden-Lauf im altehrwürdigen, aber modern ausgebauten Stadion „Rote Erde“ an der Dortmunder Strobelallee, das direkt an das Westfalenstadion anschließt (Offiziell heißt dieses zwar nicht mehr so, aber das tut hier weiter nichts zur Sache.).
Bei diesem Lauf handelte es sich um einen Benefizlauf ohne Wettkampfcharacter, der bereits zum 15. Mal stattfand und dessen Erlöse Kindern zugute kommen sollen.
Nachdem ich 2008 zunächst für eine Zeitungsstaffel und später solo gelaufen bin schloss ich mich diesmal der sympathischen, positiv-verrückten Laufgruppe „Endorphinjunkies Dortmund“ an, von denen ich einige Mitglieder schon länger kenne.
Die Endorphinjunkies wollten über die kompletten 24 Stunden zumindest immer einen Läufer auf der Bahn haben und fanden in einem ihrer Arbeitgeber einen Sponsor, der für die fälligen 50 Cent pro Runde aufkommen wollte.


Am Stadion traf ich leider recht spät ein, aber zum Glück noch rechtzeitig zum Start um 18 Uhr. Das Wetter zeigte sich bei trockenen 13° von einer läuferfreundlichen Seite.
Auf dem Rasenplatz waren neben Hüpfburgen, Kletterwänden und anderer Kinderbespaßung auch einige Zelte von Laufgruppen aufgebaut. Nachdem ich meine Sachen im Junkie-Zelt deponiert hatte ging es nach ein paar gewechselten Worten schon los.
Mattes von den Junkies und ich ließen dem großen Laufpulk einen kleinen Vorsprung, waren dann aber schnell mittendrin im bunten Feld aus großen und kleinen, alten und jungen, schnellen und langsamen, laufenden und walkenden Teilnehmern.


Plaudernd vergingen die ersten Kilometer recht schnell, zumal Mattes auch ein Tempo anschlug, das für mein Vorhaben dauerhaft nicht gut gewesen wäre. Nach ungefähr 7 Kilometern nahm ich daher das Tempo etwas heraus, ließ ihn ziehen und lief zunächst alleine weiter. Soweit man das bei unzähligen laufenden Beinen auf der Bahn alleine nennen kann.
Als Kris, die Frau meines Herzens, im Stadion eintraf war mir die Lust am Laufen allerdings bereits vergangen. Knie und Rücken schmerzten schon zu diesem recht frühen Zeitpunkt. Und eigentlich hätte ich mich in diesem Moment lieber auf einem Sofa als auf einer Laufbahn gesehen.
Ich hätte ich ja meine Sachen packen und mir einen netten Abend machen können.
Aber ich hatte mir schließlich vorgenommen dort einen Marathon zu laufen.
Dann ist das für mich im Kopf auch ein Marathonlauf, auch wenn es keine entsprechenden Wertungen gibt.
Jedes vorzeitige Aufgeben wäre ein persönliches DNF.
Ein „Did not finish“ habe ich bei einem Marathon oder Ultra noch nie gehabt.
Und das sollte auch so bleiben!
Also hieß dies für mich: weiterlaufen, so lange nichts Ernsthaftes dagegen spricht.
42,2 Kilometer. Basta.


So ging es Runde um Runde weiter. Einige Runden laufend mit Olli und Ingo, einige Runden gehend mit Kris. Zwischendurch gab es auch mal eine kurze Pause und eine Pommes.

Die Dämmerung brach herein. Das Flutlicht und der Vollmond beleuchteten jetzt die Laufstrecke, die inzwischen schon leerer geworden war, so dass man nicht mehr so oft ausweichen und abrupt abbremsen musste.
Die Kindergruppen wurden weniger; dafür kamen immer mehr Dortmunder Lauftreffs um ihre Runden zu drehen.
Kris verabschiedete sich zwischenzeitlich wieder in Richtung der warmen vier Wände, während es im Stadion auf ungefähr 10° C abkühlte.
Irgendwann setzte erster Nieselregen ein, der zu einem Pladderregen heranwuchs und auch nicht ans aufhören dachte.Trotz Weste und Mütze war ich irgendwann klitschnass und die kalten Tropfen auf den nackten Waden drohten, diese verkrampfen zu lassen, so dass schon deshalb immer mehr Gehpausen notwendig waren. Aber wenigstens hatten sich Knie und Rücken inzwischen mit der Situation abgefunden und zeigten sich wieder kooperativer.
Auf der Tartanbahn bildeten sich Pfützen und Wassergräben, das Tapp-Tapp der Läufer wurde zum Platsch-Platsch und ich freute mich eigentlich nur noch darauf, ins Ziel, unter eine heiße Dusche und ins warme Bett zu kommen.
Ich hatte noch ein Stück vor mir, aber mein Entschluss stand felsenfest: 42,2 Kilometer – und keinen Meter weniger. Das war jetzt ein Marathon, der mit dem Kopf gelaufen wurde.


Kilometer um Kilometer erlief ich auf die GPS-Uhr, rechnete die noch zu laufenden Runden hoch und zählte die letzten zehn im Kopf herunter.
Die letzen zwei lief ich dann noch einmal etwas zügiger, um unter 5:30 Stunden reiner Laufzeit zu bleiben, was dann auch gelang. Die angebrochene Runde lief ich noch zu Ende und hatte es nach 42,42 GPS-gemessenen Kilometern gegen 0:30 Uhr geschafft.

Glücklich? Nicht wirklich. Eher erleichtert und froh es überstanden zu haben.
Im Zelt zog ich mir leise trockene Sachen über, während zwei Junkies schlafend auf ihren Einsatz auf der Piste warteten. Schnell schrieb ich noch eine Abschiedsnotiz und schleppte dann meinen Krempel durch den immer noch strömenden Regen. Leider war der Nebeneingang vom Stadion schon abgeschlossen, so dass ich bepackt wie ein Muli noch ein paar hundert Meter Umweg zum Auto in Kauf nehmen musste. Das ist nicht gerade das, was man nach einem Marathon braucht.

Im Auto stellte ich die Klimaanlage dann auf 26° C um wieder aufzutauen.
Als ich am Fahrtziel noch ein Stück Fußweg bei 10° gehen musste ging mein Kreislauf etwas in die Knie und ich fing an zu klappern wie Pinocchio bei Starkwind.
Die heiße Dusche war dann Erlösung und Belohnung zugleich. In diesem Moment für mich wichtiger als ein Pokal oder eine Medaille.
Und plötzlich kehrte auch das Lächeln wieder zurück, das in den letzten Stunden etwas eingefroren war. Schließlich hatte ich wieder einen Marathon geschafft.
Keinen guten. Keinen schnellen. Keinen schönen.
Aber einen besonderen. Einen fast ohne Vorbereitung. Einen, der vor allem wichtig war für den Kopf. Einen, der mich mental nach vorne brachte. Einen, der zeigt, was möglich ist, wenn man es wirklich will.


Nachsatz: Der anschließende Muskelkater hielt sich in Grenzen, aber eine Erkältung habe ich mir wohl dort eingefangen.
Hinsichtlich der kommenden Ziele zeigte mir der Lauf, dass ich von einer ansprechenden Form zwar weit entfernt bin und noch viel zu tun ist, aber auch, dass der Kopf tatsächlich helfen kann, wenn er sich auf ein Ziel fixiert hat und wenn die Beine oder der "innere Schweinehund" nicht mehr wollen.

11 Kommentare:

Highopie hat gesagt…

Astrein Stefan ! Mal "eben so" 'nen Marathon gelaufen. Hoffentlich isses mit der Erkältung nicht so schlimm.
Gruß
THORSTEN

P.S.: Biste Samstag in OB und wenn ja, wann ?

Stefan hat gesagt…

Thorsten, ich habe geplant, direkt ab dem Start Marathon (+ X?) zu laufen, wenn die Erkältung nicht dazwischenfunkt.

Blumenmond hat gesagt…

Du bist ja ne harte Nummer. Das klingt mehr als ungemütlich.

Evchen hat gesagt…

Super Leistung, wie Du Dich da durchgebracht hast!
Aber mit Erkältung jetzt in so kurzer Zeit drei Marathons? Ich weiß nicht...

Übernimm Dich nicht und mach nur was geht, ja? Ich drück Dir die Daumen. :-)

Steffen hat gesagt…

Hut ab vor dieser Leistung, mit dieser doch etwas schwachen Vorbereitung unter diesen Bedingungen durchzuhalten, alle Achtung. Das mit der Erkältung ist jetzt natürlich denkbar schlecht, da wünsche ich Dir auf alle Fälle gute Besserung!

LG
Steffen

ultraistgut hat gesagt…

Eigentlich zählen nur die letzten Gedanken nach dem Duschen, du bist Marathon gelaufen, das, was du dir vorgenommen hattest,du hast durchgehalten, basta, egal, wie schnell, spielt keine Rolle,Hauptsache dein persönliches Ziel, 42,195 km gelaufen zu haben.

Wie du selbst schreibst, der Kopf ist es,der uns in solchen Situationen rettet !

Stefan hat gesagt…

Ja, Anja, ungemütlich war's wirklich. Aber es gibt Schlimmeres.

Evchen, danke für's Daumen drücken. Mit der Erkältung ist das jetzt blöd, aber vielleicht ist's bis zum Wochenende ja besser. "Notfalls" lauf ich eben kürzer.

Steffen, danke schön!

Margitta, kurz nachdem ich den Bericht online hatte habe ich deinem Blog im Interview gelesen, was du zu deinem Regenlauf in Biel und zum Hammermann geschrieben hast. Genau so ist es - der Kopf rettet uns und hilft uns weiter!

Anonym hat gesagt…

Ich bin ja immer wieder erstaunt, was du so läuferisch anstellst. Respekt, Respekt.. Ich würde mich freun, dich mal wieder zu treffen. Entweder mal auf ein Läufchen oder spätestens Silvester auffe B1.. Wie siehts aus??

Stefan hat gesagt…

Danke, Christian!
Treffen wäre gut. Ob ich Silvester auf der B1 bin ist aber noch offen.

Ich drück dir fest die Daumen für den MüMa!!

Gerd hat gesagt…

Dann lauf ich mal so einen Marathon. ;-)
Glückwunsch und meinen Respekt.
Und zwischendrinn gerade mal eine Pommes. :-)
Ich hoffe Du hast alles gut überstanden.

Stefan hat gesagt…

Ja, Gerd, bis auf die Erkältung ist alles gut überstanden.

Und die Pommes gab's ja nur weil ich vorher nicht ausreichend gegessen hatte.
Und natürlich wegen des Salzausgleichs. ;-)