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~ Nicht das Beginnen wird belohnt sondern einzig und allein das Durchhalten ~______
(Katharina von Siena)

Donnerstag, 14. Mai 2009

Läuferbräune und der Jägerschnitzel-Leder-Faktor

"Du bist so braun. Warst du im Urlaub?"

Nein, war ich nicht. Ich hab Läuferbräune.

Zum Glück gehöre ich vom Hauttyp her zu denen, die recht schnell Farbe annehmen, wenn der Lorenz scheint. Da die beim Laufen meist zahlreich im Gesicht vorhandenen Schweißtropfen offensichtlich wie kleine Brenngläser wirken verwandelt sich insbesondere meine Gesichtsfarbe von sowiesonieganzblass ziemlich zügig hin zu einem zarten obamabeige.
Auch die Arme weisen bei entsprechendem Wetter schnell eine deutliche sommerliche Tönung auf, allerdings nur an den beim Laufen himmelwärts gerichteten Oberseiten.
Die Beine hinken nicht nur bei der Laufgeschwindigkeit, sondern auch bei der Bräunungsgeschwindigkeit etwas hinterher, nehmen aber mit der Zeit auch einen dunkleren Teint an. Natürlich nur in dem Bereich zwischen unterem Laufhosenrand und Sockenbündchen. Hintern, Oberkörper und Füße bleiben, da sie beim Laufen bedeckt sind, entsprechend hell.

Das führt dann bei fortgeschrittenem Bräunungsgrad beim Entblättern zu lustigen Anblicken. So als hätte man noch ein weißes T-Shirt an, aus dem grillhühnchenfarbene Arme heraushängen, die wiederum von einem weißen Streifen geziert werden, wo sonst beim Laufen der Garmin seinem Job nachgeht. Interessant ist dann auch der Kontrast zwischen hautfarbenen Füßen und braunen Waden. Imaginäre Tennissocken ohne Streifen.

Vor dem heimischen Spiegel ist das ja alles noch nicht so schlimm. Aber wenn ich an den ersten Freibad- oder Strandbesuch denke sehe ich vor mir schon die Leute grinsen und höre feixende Kinderstimmen: "Schau mal, Mami - der Mann da sieht aus wie ein Schwarz-Weiss-Keks".

Unter den gemusterten Zweibeinern gibt es aber nicht nur welche mit Läuferbräune.
Hier sind noch ein paar andere Bräunungstypen.
Selbstverständlich hoch unwissenschaftlich und rein subjektiv zusammengestellt:


Die bereits erwähnte Läuferbräune

Gebräunt sind in der Regel Gesicht, Unterarme und Unterschenkel. Die Stellen, an denen die Sportbekleidung sitzt, bleiben hellhäutig. Läuferbräune tritt hauptsächlich in der sonnigen Jahreszeit auf und hinterlässt zweifarbige Körper, die nackt an Zebrastreifen, Schachbretter oder Schwarz-Weiss-Gebäck erinnern.
Ein ähnliches Muster entsteht auch bei Radfahrern und sieht genauso bescheuert aus.


Bauarbeiterbräune

Ähnlich der Läuferbräune. Jedoch ist wegen der Sicherheitsschuhe der hellhäutige Anteil am Fuss höher. Bei Trägern von Feinripp-Unterhemden sind auch die Schulterpartien braun. Nicht zu vergessen der Rückenbereich oberhalb des beim Bücken nach unten verrutschten Hosenbundes, das sogenannte Bauarbeiter-Dekollete, das gebräunt nicht weniger unappetitlich aussieht als fleischfarben. Die Bauarbeiterbräune tritt ebenfalls hauptsächlich in Zeiten vermehrter natürlicher Sonnenbestrahlung auf.


Münzmallorca-Bräune ´

Regelmäßige intensive Bräune, die sich über den gesamten Körper und das gesamte Jahr erstreckt und hauptsächlich bei Frauen anzutreffen ist. Sie wird hervorgerufen durch regelmäßigen Solarium-Besuch. Das Erscheinungsbild von Besucherinnen des Tussen-Toasters wird oft ergänzt durch grellfarbene Kleidung, Bauernmalerei im Gesicht, bunte Fingernägel und blonde oder blondierte Haare, was vom Kontrast her in etwa so wirkt wie ein Negativ-Foto. Und auch ansonsten eher negativ.
Die ganzjährige Jägerschnitzelfarbe führt zu verstärkter Hautalterung, so dass die Elektrostrand-Jünger oft bereits vor Eintritt in das Rentenalter an Hals und Dekollete so faltig aussehen wie eine Krokolederhandtasche oder Joopi Heesters am Beutel. Nur brauner.


Englische Bräune

Praktisch nicht existent. Die regengewohnte Haut englischer Touristen verfärbt sich in der Regel rot, nicht braun, bevor sie sich wieder abpellt.


Malle-Bräune

Auch "Pauschaltouristenbräune"; oft gepaart mit fleckenweise auftretender englischer Bräune. Es gibt zwei Unterarten, deren Abgrenzung nicht immer einfach ist.

Malle-Bräune Typ K unterscheidet sich von der Läuferbräune hauptsächlich durch braun-weiß gestreifte Füße, was durch Sandalen und Riemchenschuhe hervorgerufen wird. Bei weiblichen Wesen kommen oft noch helle Streifen im Brust-Schulter-Nacken-Bereich hinzu, die durch Trägerhemdchen und Badebekleidung hervorgerufen werden. Sie ist meist anzutreffen bei Kulturstättenbesuchern, Cafehaussitzern, Stadtbummlern und Leuten, die sich aus Scham oder Rücksicht nicht halbnackt am Strand zeigen wollen.

Die Malle-Bräune Typ S weist weniger weiße Flecken auf und wird oft durch stundenlanges Am-Strand-liegen, regelmäßiges Wenden des Körpers, starkes Schwitzen ohne Bewegung und gelegentliches Benetzen des Körpers mit Wasser bewusst erzeugt und hart erkämpft, um nach dem Urlaub Freunde, Kollegen und Verwandte zu beeindrucken. Sie ersetzt während des Urlaubs bei einigen Touris die Münzmallorcabräune und verschwindet oft, wenn sie nicht beim nachrösten im Solarium oder auf Balkonien erhalten wird, innerhalb von wenigen Wochen.
Bei häufiger Wiederholung ähnlich hoher Jägerschnitzel-Leder-Faktor wie bei den Münzmallorcinerinnen.

Abschließend möchte ich noch einen Typus erwähnen, der es bei der Wahl zum Jugendwort 2008 immerhin auf den 2. Platz geschafft hat:


Bildschirmbräune

Sie bezeichnet die milchfarbene Blässe eines Computerfreaks, der die Sonne oft nur über Webcams sieht. Der Bräunungsgrad liegt wie auch der Jägerschnitzel-Leder-Faktor nahe Null.
Oma sagte früher immer "der sieht aus wie Asche, Milch und Spucke." Falls sich der PC-Daueruser doch mal länger bei Tageslicht vor die Tür traut wird er oft von der englischen Bräune überrascht.



Mögliche Kandidaten der Mallebräune Typ S





[Keksfoto: (c) luciabarbara / pixelio.de
, Strandfoto (c) helot / pixelio.de]

15 Kommentare:

Hannes hat gesagt…

Allerherrlichst zusammengestellt! Und wenn man das so überblickt, sehen die Läufer doch gar nicht so schlimm aus ...

Blumenmond hat gesagt…

Sehr gute Beschreibung, Stefan. Ich kannte mal einen Bauarbeiter, der neben der Bauarbeiterbräune auch noch die Münzmallorca-Bräune dazu nahm, dann aber die Füße unters Gesichtsfeld legte (kein Scherz) - sein Frau ist im übrigen Friseurin, um das Klischee auch direkt komplett zu machen.

Ich bin froh, dass ich aus reiner Bequemlichkeit (ich bekomme klaustrophobische Anwandlungen unter Sonnenbänken) dem 80iger-Jahre-Bräunungsfimmel entkommen bin. Das zahlt sich am heutigen Hautbild doch deutlich aus.

Allerdings verfüge ich auch nicht über die Läuferbräune, da ich zu dem Hauttyp gehöre, der sich schon gewaltig unter den Planet legen müsste, um "Erfolge" zu erzielen und Grillen wie ein Hühnchen war noch nie mein Ding, dann eben vornehme Blässe.

Anonym hat gesagt…

Sehr schön geschrieben, Stefan. Ich bin typischer Vertreter des Läuferbräune-Typus. Mit einer interessanten Farbabstufung auf den Oberschenkeln: Meine Shorts sind alle unterschiedlich lang...

Marcus hat gesagt…

Ein sonniger Artikel! :))

Ich zähle mich partiell zu der Steifenhörnchen-Kategorie. Besonders auffallend, als ich gestern eine noch kürzere Hose trug - so kann man die unterschiedlichen Abstufungen gut erkennen.

Am besten wäre es, ich würde zum Streaker mutieren - also Nacktläufer. Um für eine einheitliche Bräune zu sorgen. :D

Anonym hat gesagt…

Tja.. Wo finde ich mich denn da wieder? Am ehesten bei der Engländerbräune.. Ansonsten wieder mal pointiert geschrieben.

ultraistgut hat gesagt…

Hi, Stefan, voll aus dem Leben gegriffen ! Exakt - genauso wie es ist.

Betrachte ich mich nach dem Entledigen meiner Laufklamotten, so sehe ich braune Unterschenkel bis zu den die Füßen bedeckenden Socken, wo sich wieder Weißes zeigt.

Am schlimmsten ist es für weibliche Läufer, wenn ich jetzt einen Rock trage, dann sieht man die Unterschenkel bis zum Hosenende braun, aber bis zum Rockzipfel ist alles dann weiß, und bei den Socken - äh - schön ist das nicht, aber es juckt mich nicht.

Besonders braun sind meine Hände im Sommer, da sie ja nun die meiste Zeit ungeschützt unter der Sonne leben.

Danke für diesen köstlichen Beitrag zur Sommerbräune, so mancher findet sich wieder, gell ?

Highopie hat gesagt…

Woher weisst Du eigentlich wie Jopi's Sack aussieht ?????????

Stefan hat gesagt…

An alle ein Dankeschön für die Kommentare. Ist doch interessant, wie unterschiedlich die Farbverläufe bei uns sind. Von vornehmer Blässe bis hin zum Streifenhörnchen. Vielleicht sollten wir nach dem Sommer mal einen Fotovergleich machen!? ;-)

Marcus, das mit dem Nacktlaufen würde ich lieber lassen, sonst sorgt womöglich ein Anstaltsaufenthalt für eine Streakunterbrechung. ;-)

Margitta, in der Werbung habe ich jetzt so ein Zeug gesehen, mit der man sich "Bräune für einen Tag" aufschmieren kann. Vielleicht kann man damit den Bereich zwischen Hosenrand und Rockzipfel kaschieren, wenn du mit Rock läufst. :-)

Thorsten, ich habe seine Simone gefragt ;-)

Marcus hat gesagt…

Das wäre durchaus möglich, zumal die Landesklinik hier in der Nähe ist. Aber ich würde selbst darin einen Weg finden, um meine tägliche Runde zu absolvieren. :D

Christian hat gesagt…

Hallo Stefan,
ich muss mich, obwohl ganz und gar kein Eingeborener, zu den englischen Touristen zählen. Ausser im Gesicht und an den Armen werde ich nirgends braun und schütze mich inzwischen mit hohem LSF, denn die englische Röte find ich doof *g*

Sehr schöne Klassifikation, hat schon fast etwas wissenschaftliches ;-)

Salut

Christian

Chris hat gesagt…

Also, echt gut diese Gedanken. Vor allem lässt mir dieser schöne Keks das Wasser im Munde zusammenlaufen. Solche mache ich immer auf Weihnachten - aber nur dann. Und das dauert doch schon noch eine kleine Weile...

Gerd hat gesagt…

Woher kennst Du Joopi Heesters Beutel. ;-)
Eine tolle Zusammenstellung, die ich just in dem Moment lese, in dem ich nach meiner heutigen Mountainbiketour wie ein "Schwarz-Weiss-Keks" vor dem Rechner sitze! ;-)

Stefan hat gesagt…

Doc, braun-rot wäre doch auch eine interessante Mischung ;-)

Chris, "zur Not" esse ich Weihnachtsgebäck auch ganzjährig.

Gerd, pass auf Chris auf - der hat gerade Appetit auf Schwarz-Weiss-Kekse ;-)

Evchen hat gesagt…

*geier* Wie herrlich und treffend! Ich kämpfe jetzt seit Wochen mit der Trennlinie von Wade zu Knie. Ich bin bei den ersten warmen Sonnenstrahlen mit 3/4-Tight gelaufen. Sagt alles, nä? ;-)

Stefan hat gesagt…

@ Evchen: Hallo Zebra ;-)