Seit dem Röntgenlauf Ende Oktober war ich kaum laufen. Mit Kris ein paar Läufe mit Gehpausen und seit einer Woche aus unterschiedlichen Gründen gar nix.
Deshalb war ich heute fällig, auch wenn die richtige Lust fehlte. Aber "watt mutt datt mutt", wie der Volksmund sagt. Oder "von nix kommt nix", wie er ebenso treffend behauptet.
Also steige ich, noch leicht unter Druck, nach der Arbeit ins Auto und fahre zum See, während "Scooter" aus den Boxen rummst und meinen Puls bereits leicht ansteigen lässt.
Der Druck in mir verwandelt sich, erlebt eine Metamorphose. Da ist wohl ein Tier in mir das raus will. Nicht der obligatorische Schweinehund, sondern etwas anderes. Irgendwoher kenne ich es, bin ihm aber lange nicht begegnet.
Irgendwann erkenne ich es dann doch: es ist das Tempotier.
Nachdem ich mir treibende Rhythmen ausgewählt und die Kopfhörer in die Ohren gefriemelt habe mache ich die ersten Schritte.
Eigentlich ist eine lockere kurze Runde geplant, aber das Tempotier übernimmt sofort das Regiment und steuert meine Beine für meine Verhältnisse ziemlich flott über den Seeweg.
Ich lasse es gewähren und blicke nach ein paar hundert Metern kurz auf den Garmin: viel zu schnell, das geht nicht lange gut. Ich verliere aber kaum an Tempo und peile nun einen Läufer vor mir an. Das Tempotier sieht in ihm ein potentielles Opfer zum Heranlaufen und Überholen, aber er macht nicht mit und biegt vor dem Überholvorgang vom Weg ab. Spielverderber.
Ich merke inzwischen, dass noch irgendetwas aus mir raus will und steuere am Bikerparkplatz ein Dixi an. Während ich mich wieder einpacke tönt eine Polizeisirene aus meiner Jacke. Töchterchen fragt an ob ich ihr die neue "Bravo" mitbringen kann. Leider ist aber gerade kein Kiosk am See.
Danach tönt nur noch der Rhythmus im Ohr, der mich über die Brücke treibt, bevor ich den welligen Teil der Strecke erreiche. "Die Happy" singt über "Supersonic Speed" und ich bin nur unwesentlich langsamer. ;-)
Die Dämmerung nimmt etwas die Sicht, Hindernisse sind nicht leicht zu erkennen. Das Tempotier hat ein Einsehen und nimmt einen Hauch Tempo raus, aber es geht weiterhin recht flott über die Hügelchen, so dass ich den einen oder anderen Läufer einsammel. Ich fliege förmlich daran vorbei. Zumindest kommt es mir so vor; objektiv gesehen ist das sicher nicht so spektakulär.
Aber es macht Spaß mal wieder etwas schneller zu laufen. Meine Überholquote ist ausschließlich positiv. Niemand überholt mich heute.
Von Unlust am Laufen ist schon lange nichts mehr zu spüren. Der Lauf tut gut, der Druck ist weg und das Tempotier macht seine Sache ordentlich. Wir verständigen uns darauf den Lauf bis zum Ende flott zu gestalten und ich schätze anhand meines Tempogefühls die Endzeit ohne noch einmal auf die Uhr zu sehen.
Die letzte Kurve, die Brücke, die Schranke - und fertig. Der Blick auf die Uhr zeigt, dass ich sogar noch etwas schneller bin als erwartet.
Klar - ich war auf den 6,6 Kilometern auch schon mal gut 3 Minuten schneller, aber da war ich jünger, leichter, mehr auf Tempo trainiert und bin wohl am Anschlag gelaufen.
Für heute bin ich aber mit dem Ergebnis des ungeplanten Tempolaufs "aus der kalten Hose heraus" zufrieden. Das Tier in mir auch.
Und da ich auf der Rückfahrt an der gutsortierten Tanke tatsächlich noch eine "Bravo" ergattern kann ist Töchterchen auch zufrieden.
Was will ich mehr!?
I wie Iserlohn
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Für den Buchstaben I musste ich nicht weit fahren: etwa 20 Kilometer
Richtung Osten und ich war in Iserlohn, der mit rund 100.000 Einwohnern
größten Stadt ...
18 Kommentare:
Besser das Tempotier als das Trampeltier wecken... :-))
Es ist doch einfach toll, wenn man sich dann endlich mal überwunden hat und das Öl in den Knochen und Gelenken warm ist...
Manchmal will man(n) nicht mehr und Töchterchen auch nicht ;)
Liest sich wie eine feine Runde mit dem Tempotierchen ...
Aber Du bist doch ein Lööööwä und kein Tempotier oder Schweinehund oder whatever! *lach*
Da ist es wieder, das Tier im Manne, wer kennt es nicht, dieses Mal von einer anderen Seite, und du warst gut zu ihm, hast ihn walten lassen, ihn sogar unterstützt, kein Wunder, dass ihr beide dann bis zum Schluss wunderbar durchgehalten habt.
Eine schöne Geschichte, und ehrlich, es begegnet mir auch ab und an, und ich lasse ihn gewähren, bis wir beiden nicht mehr können, wollen.
Und deine Tochter hat letztlich auch davon profitiert, Papa, das hast du gut gemacht !
Chris, das Trampeltier kenne ich leider auch. Insbesondere bei den langen Läufen ist es manchmal plötzlich da. ;-)
Julia, so ist bzw. war es!
Evchen, auch Löwen müssen mal rennen. ;-)
Margitta, manchmal tut es eben einfach gut etwas Abwechslung einzubauen und den "Ultraschlappschritt" gegen flotte Schritte zu tauschen - auch wenn es eigentlich nicht geplant war. :-)
Anscheinend sind derzeit überall irgendwelche Tiere unterwegs - ich erinnere an Hannes. ;))
Ich sollte auch mal Ausschau halten...
Hoffentlich kannst Du die Lust am Laufen wieder langfristig aufbauen respektive erhalten. Ich wünsche Dir das!
Ach komm, Stefan, wir sind doch hier unter uns. Die Bravo war für DICH. Du TIER !!!
Ja, Marcus: Ehrgeiztierchen, Schweinehunde, Tempotierchen und dazu noch deine Schafe - es geht tierisch zu... ;-)
Ne, Thorsten - ich lese nur Bäckerblume und Apothekenumschau. ;-)
Hallo Stefan,
das Tier in Dir ist doch ein schönes Tier! MAl ehrlich, es hat Dir doch einen prima Lauf beschert, oder?
Füttere es gut, sie lieb zu ihm und gönne ihm gute Pflege, dann schenkt es Dir bestimmt noch viele weitere "Tierische" Läufe!
Ein prima Wochenende,
Steffen
Du hast die Selbstdisziplinbakterien vergessen! :D
Schönes WE!
Steffen, mach ich! ;-)
Ich denke das Tierchen wird sich in Zukunft auch wieder häufiger zeigen.
Marcus, die Bakterien sind so klein, da habe ich sie wohl einfach übersehen... ;-)
Euch auch ein schönes Wochenende (und allen anderen natürlich auch)!
Also vor Scooter wäre ich auch so tierisch davon gelaufen :)
Ab und zu muss es sich mal austoben, das Tempotier.
Tut dann wirklich gut. ;-)
Tempotier ist gut. ;-)) Ich sach auch immer, dass ich nix dafür kann, wenn ich Dinge tu, die ich eigentlich lassen sollte. Das sind die fremden Stimmen in mir. Und das Tempotier ist auch so was. jaja
Los Stefan, gleich weiter zum Herbstwaldlauf ;-) http://www.jensgehtlaufen.de/herbstwaldlauf/
LG
Jens
Hast was verpasst Stefan: 22. Elseyer Herbstwaldlauf. Grip contra (neue) Bestzeit, Überstunden für die Waschmaschine...
http://www.jensgehtlaufen.de ;-)
Hannes: *grins* Ist halt Geschmackssache, aber ich bin da geschmacklich "weit gestreut". Immer könnte ich Scooter allerdings auch nicht hören, hab ihn aber schon live gesehen.
Lustamlaufen: Yepp!
Genau, Anja! Fremde Stimmen und innere Tiere, die uns "fremdbestimmen"!
(PS: Kennst du auch das Schokotier?)
Jens, willkommen bei den Kommentatoren! ;-)
Du weißt doch dass die "Kurzen" nicht so mein Ding sind; zu viel Hetzerei. ;-)
Da laufe ich lieber gleich beim Martinslauf gemütlich um die Kemnade.
Das Schokotier ist mir fremd aber das Chipstier ist mir in meinem Leben schon sehr, sehr häufig begegnet.
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